Vertraglicher Verzicht auf Wertminderungsersatz
24. May 2016
CK - Washington. Wertminderung als Diminution in Value ist ein seltenes Vertragsthema im US-Prozess, doch ausschlaggebend im Fall Gosiger Inc. v. Elliott Aviation Inc. Die Klägerin erwarb eine Flugzeugwartung von der Beklagten, die die Tragflächenstruktur beschädigte. Obwohl die Beklagte dies gleich reparierte, verlangte die Klägerin eine Wertminderung.
Die Parteien verhandelten erfolglos über einen Vergleichsbetrag, und die Klägerin klagte auf Erstattung des Wertverlustes mit dem Argument, der vertragliche Haftungsausschluss für Wertminderung in der Limitation of Liability-Klausel sei unanwendbar, weil die Beklagte durch ihre Mitwirkung an Verhandlungen über einen Wertausgleich auf ihren Einwand konkludent verzichtet habe. Außerdem sei sie für diesen Schaden versichert.
Am 23. Mai 2016 verwarf in St. Louis das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks der USA die Idee, eine die Vertragsrisiken übersteigende Versicherungsdeckung stelle einen Verzicht auf vertragliche Haftungsbeschränkungen dar. Ein Verzicht setze eine beidseitige Willenserklärung voraus. Der einseitige Erwerb einer Versicherung entspreche dem nicht.
Zudem setzte es sich mit der Limitation of Liability-Klausel im Verhältnis zu den vertraglichen Schadenshaftungsklauseln auseinander. Ohne Uneindeutigkeiten der Sprachregelungen gibt es nicht auszulegen, bestimmte es. Wenn eine Klausel alle denkbaren Schäden regelt und die nächste bestimmte Regulierungen ausschließt und eine Rechtsfolge - Minderung - durch eine andere, nämlich Nachbesserung oder Reparatur, ersetzt, sind sie nicht widersprüchlich und auch nicht auslegungsbedürftig, erklärte der United States Court of Appeals for the Eighth Circuit.
Gericht für Sexsklaverei unzuständig
23. May 2016
CK - Washington. Selbst wenn das Gericht den Antrag I want to get my job at the World Bank and punishment for those who want to turn me into MISTRES[S] / SEX SLAVE behandeln möchte, darf es nicht. Im Fall Gaur v. World Bank Group hatte die Klägerin nichts zur Zuständigkeit des Gerichts erklärt.
Allein deswegen, und ohne auf die Immunität der Weltbank und internationaler Organisationen einzugehen, musste das Bundesgericht der Hauptstadt ihre Klage mangels Zuständigkeit abweisen: A district court lacks subject matter jurisdiction [over a] complaint [that] "is patently insubstantial, presenting no federal question suitable for decision." Seine kurze, klare Begründung am 18. Mai 2016 zitiert die wichtigsten Präzedenzfälle für die sua sponte-Abweisung von unsubstantiierten Klagen. Darin gewährt es der Klägerin die Befreiung von Gerichtskosten.
Geldwäschebedenken behoben - Bank liquidiert
22. May 2016
CK - Washington. In die FinCen-Kontrolle wegen Geldwäsche durch Banken führt das Urteil vom 20. Mai 2016 in Cierco v. Lew ein. Eine andorranische Bank war von der FinCen-Abteilung des Washingtoner Schatzamt der fortgesetzten Geldwäsche verdächtigt worden, und das Amt traf nach dem Patriot Act und dem Bank Secrecy Act erste Schritte, um die Bank vom Geldverkehr mit den USA auszuschließen, s. Notice of Finding That Banca Privada d'Andorra Is a Financial Institution of Primary Money Laundering Concern, 80 Fed. Reg. 13464, 13464, 13. März 2015; Imposition of Special Measure against Banca Privada d'Andorra as a Financial Institution of Primary Money Laundering Concern, 80 Fed. Reg. 13304, 13304, 13. März 2015.
Nachdem der Staat Andorra die Bank übernahm und liquidieren will, prüfte es, ob die Geldwäschegefahr damit behoben war. Da es davon ausging, wollte es seine Akte aufheben, doch hatten einige Bankeigner bereits Klage gegen das Amt erhoben, um die Umschuld der Bank feststellen zu lassen. Die Kläger befürchten, dass das Amt erneut gegen die Bank vorgehen kann, wenn es ihnen gelänge, die staatliche Übernahme der Bank zu revidieren. Mit einer 20-seitigen, lehrreichen Begründung stellt das Bundesgericht der Hauptstadt jedoch die Erledigung des Rechtsstreits durch die Rücknahme fest und weist die Klage ab.
Trojanerinfizierte Bank bekommt $620.187,36 erstattet
21. May 2016
CK - Washington. Eine Fünfpersonenbank wurde trotz Sicherheitsvorkehrungen ein Trojaneropfer. Nachts erfolgten zwei Überweisungen vom Bankrechner nach Polen, von denen die Zentralbank eine aufhalten konnte. Wegen der zweiten wandte sie sich an ihren Versicherer, der Deckungsschutz für den Hackerangriff als unversichertes Risiko verweigerte. In State Bank of Bellingham v. BancInsure Inc. erfährt der Leser mehr über die Police und Haftungsausschlüsse für IT-Risiken.
Das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks der USA in St. Louis prüfte die Klage wegen Vertragsverletzung und die Widerklage auf Feststellung des Haftungsausschlusses, der fehlenden Mitwirkung und der böswilligen Meldung beim Versicherungsaufsichtsamt im Wirtschaftsministerium von Minnesota. Die Revision bestätigte am 20. Mai 2016 die Forderung der Bank und wies die Ansprüche der Versicherung ab.
Die Entscheidungsbegründung setzt sich detailliert mit dem Konzept der parallelen Kausalität auseinander, die vertraglich, doch hier nicht wirksam, abbedungen werden kann. Selbst wenn eine gut gesicherte Rechneranlage der Ausgangspunkt der Überweisungen war und unter den Ausschluss von IT-Risiken fiel, zumal eine Angestellte einen Dongle über Nacht im Rechner vergaß, war der vorrangige, direkte Grund für den Eintritt der Versicherungsfalls die Straftat eines Hackers, die nicht vorhersehbare Folgen auslöste:
Even if the employees' negligent actions "played an essential role" in the loss and those actions created a risk of intrusion into Bellingham's computer system by a malicious and larcenous virus, the intrusion and the ensuing loss of bank funds was not "certain" or "inevitable." The "overriding cause" of the loss Bellingham suffered remains the criminal activity of a third party. AaO 10.
Neues Gesetz trifft Arbeits- und Unternehmensrecht
20. May 2016
CK - Washington. Das bombastisch Defend Trade Secrets Act genannte Gesetz regelt erstmals den Schutz von Geschäftsgeheimnissen im Bundesrecht. Einzelstaatliches Recht will der Act nicht aushebeln, doch erlaubt er nun Klagen auch in Bundesgerichten. Eine sofortige Auswirkung betrifft Arbeitsverhältnisse. Arbeitgeber müssen ihre Arbeitnehmer auf ein Whistle-Blower-Recht hinweisen. Eine neue Haftungsbefreiung gilt nun beim Verrat von Trade Secrets durch ihre Offenlegung gegenüber staatlichen Stellen. Diese Pflicht ist mit gesetzlichen Nachteilen für Unternehmen verbunden:
Notice.-Besondere Aufmerksamkeit ist nun beim Entwurf von Non-Disclosure Agreements und Confidentiality Agreements den materiellen und prozessualen Regelungen des DTSA zu widmen, allerdings nicht mit demselben Zeitdruck wie bei den arbeitsrechtlichen Paragrafen. Das Verhältnis vom Bundesgesetz zu den einzelstaatlichen Regelungen über Geschäftsgeheimnisse, wie dem weithin gefolgten Uniform Trade Secret Act, und dem Common Law Trade Secret-Schutz wird sich über die Rechtsprechung der kommenden Jahre klären.
(A) In general
An employer shall provide notice of the immunity set forth in this subsection in any contract or agreement with an employee that governs the use of a trade secret or other confidential information.
(B) Policy document
An employer shall be considered to be in compliance with the notice requirement … if the employer provides a cross-reference to a policy document provided to the employee that sets forth the employer's reporting policy for a suspected violation of law.
(C) Non-compliance
If an employer does not comply with the notice requirement in subparagraph (A), the employer may not be awarded exemplary damages or attorney fees … in an action against an employee to whom notice was not provided.
(D) Applicability
This paragraph shall apply to contracts and agreements that are entered into or updated after the date of enactment of this subsection.
Übertreibender Sicherheits-Meister im Markenrecht
19. May 2016
CK - Washington. Eine sicherheitszertifizierte Absolventin des CISSP-Kurses gründete eine Sicherheitsuniversität und bezeichnete in der Werbung einen Ausbilder als CISSP-Master. Das Zertifizierungsinstitut griff den erfundenen Meistertitel mit den Argumenten an, er verwässere die Zertifizierungsmarke und verletze Markenrecht nach dem Lanham Act, 15 USC §1051. Im ersten Punkt verlor das Institut revisionsfest.
In Sachen International Information Systems Security Certification Consortium Inc. v. Security University LLC konzentrierte sich in New York City das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA am 18. Mai 2016 auf den zweiten Punkt, den die beklagte Universität samt ihrer Gründerin mit der Einrede des nominative Fair Use anfochten:
We hold that the district court erred in considering source confusion to be the only type of confusion relevant in an infringement claim, and failing to give serious consideration to, for example, confusion as to sponsorship, affiliation, or connection. We hold that the district court further erred in failing to consider that a certification mark can be infringed by a duly certified individual. Finally, we hold that the district court erred in applying solely the Ninth Circuit's test for nominative fair use, instead of applying our Court's Polaroid test.Das Gericht rügte in seiner 42-seitigen Begründung, dass das Untergericht den Fair Use an den Merkmalen des Bundesberufungsgerichts in San Francisco statt den in seinem Bezirks geltenden maß und hob das Urteil zugunsten der Universität auf. Es setzte folgende Leitlinien für die Prüfung im zweiten Bezirk, der die Staaten New York, Vermont und Connecticut erfasst:
[C]ourts are to consider (1) whether the use of the 1 plaintiff's mark is necessary to describe both the plaintiff's product or service and the defendant's product or service, that is, whether the product or service is not readily identifiable without use of the mark; (2) whether the defendant uses only so much of the plaintiff's mark as is necessary to identify the product or service; and (3) whether the defendant did anything that would, in conjunction with the mark, suggest sponsorship or endorsement by the plaintiff holder, that is, whether the defendant's conduct or language reflects the true or accurate relationship between plaintiff's and defendant’s products or services.
Gerichtsstandsklausel wird per Ermessen verwirklicht
18. May 2016
CK - Washington. Am 17. Mai 2016 erklärte der Beschluss in LVAR LP v. Bermuda Commercial Bank Ltd. die Wirkung einer Gerichtsstandsklausel, wenn das Gericht seine eigene Zuständigkeit bejahen kann. Die Wirkung der Klausel führt es zu der Analyse nach dem Forum non conveniens-Grundsatz mit einer Umkehr der Beweislast. Die Vermutung für den Verbleib im vom Kläger gewählten zuständigen Forum wird aufgehoben. Der von der Klausel abweichende Kläger muss das Gericht überzeugen, sein Ermessen gegen die Durchsetzung der Klausel auszuüben, erläuterte in New York City das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA. Spricht die Klausel klar von einem bestimmten Forum, und ist dieses ausdrücklich als ausschließliches Forum festgelegt, sind die Aussichten für die sich auf die Klausel berufende Partei günstiger. Oft entsprechen aus Europa stammende, englisch- oder deutschsprachige Verträge nicht diesen Vorgaben, doch in diesem Fall berief sich eine Partei aus Bermuda erfolgreich auf diese Forum Selection Clause. Die Klausel wirkt hier als Verzicht auf das gesetzliche Gericht. Zudem gilt sie hier auch für einen strittigen Prozess, obwohl sie vertraglich als Gerichtsstand für die Verwaltung eines Trusts bestimmt war.
Haftung der Personensuchmaschine nach Kreditschutzgesetz
17. May 2016
CK - Washington. Der Supreme Court der USA entschied am 16. Mai 2016 den mit Spannung erwarteten Fall Spokeo Inc. v. Robins, in dem eine Personensuchmaschine den Vorwurf der Verletzung des Bundeskreditschutzgesetzes durch die Veröffentlichung angeblich falscher Daten über den Kläger bestritt. Im Untergericht war sie erfolgreich, als das Gericht keine Aktivlegitimation entdeckte, doch in der Revision verlor sie.
Vom Obersten Bundesgerichtshof erfuhren die Parteien, dass die Revision ein Legitimationsmerkmal zur Schadensbehauptung übersehen hatte. Der Schaden muss concrete and particularized sein. Die Revision hatte diese Unterscheidung nicht verstanden oder ignoriert und nur auf den behaupteten Partikularschaden abgestellt. Lehrreich erläutert die Begründung nun diese Merkmale in Bezug auf den Fair Credit Reporting Act of 1970, der primär Finanzauskunfteien und Inkassofirmen anspricht.
Das Gericht erörterte den Schaden, der im Internetzeitalter durch eine nicht auf Finanzen auslegte Auskunft folgt, sondern der Auskunft über allgemeine Personendaten und die Beziehungen von Personen zueinander, die Finanzdaten nur indirekt erwähnt, folgen kann. Der Kläger fand in der Suchmaschine seinen Namen: His profile, he asserts, states that he is married, has children, is in his 50's, has a job, is relatively affluent, and holds a graduate degree. … According to Robins' complaint, all of this information is incorrect. AaO 6.
Wegen dieser Falschauskunft verklagte er die Suchmaschine auf Schadensersatz von ab $100 und formulierte sie als Sammelklage - vermutlich in der Hoffnung, damit einen für ihn lohnenderen Vergleich zu erzielen. Dieser Beschluss weist den Fall jedoch zu einer Weiterprüfung zurück. Nur wenn das Untergericht auch einen konkreten Schaden feststellt, geht der Prozess weiter.